Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Ratsmitglieder,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

die Bürgerinformationsveranstaltung am 17. März 2016 hat aus Sicht der BIFMO zwei wesentliche Erkenntnisse gebracht:

 

1. Definitiv ist Nichts

Die Veranstaltung hat gezeigt, dass in der Frage der Asylsuchenden Prognosen nahezu unmöglich sind. Noch Mitte Februar plante die Stadt, 2000 neue Unterkunftsmöglichkeiten für Flüchtlinge 2016 in Moers bereit zu stellen (so Herr Fleischhauer im Gespräch mit der BIFMO am 18.2.2016). Nur vier Wochen später bei der Bürgerveranstaltung am 17.3.2016 sprach Herr Fleischhauer aufgrund der aktuellen europäischen Lage nur noch von 1000 neu zu schaffenden Unterkunftsmöglichkeiten -Tendenz fallend.

Ebenso vage mussten die Auskünfte der Verwaltung zu der Frage ausfallen, ob Familien oder allein reisende Männer in der Taubenstraße untergebracht werden sollen und aus welchen Herkunftsländern diese stammen würden.

Definitive Aussagen und Planungen kann es offensichtlich in puncto Flüchtlinge derzeit nicht geben. Flexibilität scheint daher das Gebot der Stunde.

 

2. Wirtschaftlichkeit => 250 Flüchtlinge für 5 Jahre

Ein völlig neuer Aspekt war die Aussage von Herrn Fleischhauer, dass die Wirtschaftlichkeit der Flüchtlingsunterkunft an der Taubenstraße nur gegeben sei, wenn man sie mit 250 Flüchtlingen auslaste und auf diesem Niveau ca. 5 Jahre betreibe. So erschreckend wir diese Aussage finden, erklärt sie doch, warum Verwaltung und Politik im Gespräch mit der BIFMO zwar eine Reduzierung der geplanten Flüchtlingszahl für wünschenswert hielten, in der Sache aber nie ernsthaft über eine Reduzierung nachgedacht wurde.

Weniger als 250 Menschen unterzubringen wäre unwirtschaftlich. Dann wäre wohl auch mehr als ein Sozialarbeiter für die 250 Flüchtlinge unwirtschaftlich.

Wirtschaftlichkeit ist bei der Taubenstraße offensichtlich ein heikleres Thema als bei anderen Unterkünften, da neben dem Umbau und dem Betrieb auch noch der Kaufpreis für ein ca. 14.000 m² großes Gelände finanziert werden muss, wobei die Unterkunft nur einen Bruchteil des Geländes ausmacht. Darüber hinaus ist absolut fragwürdig, welcher Verkaufspreis unter Berücksichtigung von Entsorgung/Abriss der Immobilie erzielt werden kann. Es heißt, hierfür fallen Kosten in Höhe von etwa 6,5 Mio. Euro an.

Wir sind der Meinung, dass trotz der besonderen Situation an der Taubenstraße (Finanzierung auch des Kaufs der Immobilie), die von allen Ratsparteien übereinstimmend formulierten Prinzipien einer dezentralen Unterbringung in kleineren Gruppen mit menschenwürdigem Platzangebot, Gemeinschaftsräumen und professionellem Integrationskonzept - unterstützt durch Ehrenamtler -oberstes Gebot bleiben muss. Geopfert werden dürften diese Ziele nur zur Abwehr von Obdachlosigkeit - also in Notsituationen, die aber nach der aktuellen Moerser Flüchtlingsstatistik derzeit abgewendet sind.

Selbst Dezernentin Kornelia zum Kolk hat in der Bürgerinformationsveranstaltung zugegeben, dass 250 Flüchtlinge nicht integriert werden können.

Auch Wolfram Reutlinger vom interkulturellen Netzwerk 55 plus erklärte, 250 Menschen auf so engem Raum unterzubringen, das sei weder den Bürgern im Stadtteil noch den Flüchtlingen zuzumuten.

Die gemeinsamen Ziele der Wirtschaftlichkeit einem Immobilienkauf unterzuordnen, halten wir für fahrlässig. Integration muss uns etwas wert sein, wenn sie erfolgreich und ein Gewinn für die Gesellschaft sein soll.

Neben der Aufgabe der gemeinsamen Leitlinien beraubt sich die Stadt auch der dringend notwendigen Flexibilität (s. o.), wenn sie die Finanzierung des Vorhabens von der Formel 250 Flüchtlinge für 5 Jahre abhängig macht. Was ist, wenn immer weniger Flüchtlinge kommen?

Werden dann andere Unterkünfte leergezogen, die Taubenstraße aber mit 250 Flüchtlingen fortgeführt?  

Wie wollen Sie das den Flüchtlingen, Ehrenamtlern und Anwohnern erklären?

Auch Lärmschutzüberlegungen und Asbestbelastung sind bei einer solch einseitig wirtschaftlichen Betrachtung natürlich hinderlich. Der Bürgermeister hält daher Überlegungen oder Gutachten zu diesen Punkten vor dem Ankauf der Immobilie für verfrüht. 

 

Fazit:

Fragen Sie sich bitte, was für Sie im Vordergrund steht:

Eine menschenwürdige Unterbringung von maximal 80 Flüchtlingen mit einem vernünftigen Integrationskonzept oder ein Grundstückskauf mit städtebaulicher Perspektive finanziert nach der Formel 250 Flüchtlinge für 5 Jahre?